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Eigenverantwortung: Grundlage für Verbindung und Zusammenarbeit

In all unseren Formaten – ob Moderation, Teamklausur, Dialogprozess oder Mediation – beschäftigen wir uns intensiv mit den Prinzipien unserer Arbeit und mit der Haltung, die sie trägt. Allparteilichkeit, Vertraulichkeit, Freiwilligkeit, Zukunftsorientierung und eine klare Sensibilität für Macht und Diskriminierung: Diese Grundsätze bilden ein leises Grundrauschen, das uns durch jeden Prozess begleitet. Und sie fordern uns immer wieder heraus, innezuhalten, nachzuspüren und die eigene Rolle kontinuierlich zu reflektieren.

Die Menschen, die mit uns arbeiten, haben für diese kontinuierliche Selbstbefragung meist deutlich weniger Zeit. Sie kommen mit konkreten Anliegen, offenen Fragen, Themen, die im Raum stehen – manchmal mit Anspannung oder Unsicherheit. Und gleichzeitig wünschen wir uns von ihnen etwas Zentrales: Eigenverantwortung.

Was heißt das eigentlich – Eigenverantwortung?

Oft wird der Begriff schnell verwendet, gerade in Organisationentwicklungs-, Team- oder Konfliktkontexten. Doch in der Praxis zeigt sich: Eigenverantwortung ist vielschichtig. Sie bedeutet nicht nur, Entscheidungen zu treffen oder zu „sagen, was man braucht“. Sie bedeutet auch, sich innerlich zu sortieren, den eigenen Anteil zu erkennen, Spannungen anzusprechen und sich mit der eigenen Position sichtbar zu machen.

Wir bitten Menschen, mit denen wir arbeiten, ihre Themen einzubringen, Widerstände zu benennen, ihre Perspektiven offen zu teilen. Doch all das braucht mehr als Mut. Es braucht:

  • Vertrauen – in den Prozess, in die anwesenden Personen, in sich selbst.
  • Innere Sicherheit – das Wissen, dass Offenheit nicht gegen einen verwendet wird.
  • Einen gehaltenen Raum – der Stabilität gibt, auch wenn es unbequem wird.

Eigenverantwortung ist daher kein Anspruch, sondern eine Möglichkeit. Und diese Möglichkeit entsteht nicht automatisch.

Eigenverantwortung im System: Die Rolle von Strukturen und Hierarchien

Viele unserer Prozesse finden in organisationalen Kontexten statt: in Teams, Projektgruppen, Abteilungen oder größeren Systemen. Und Organisationen haben immer eine Struktur – manchmal flexibel, manchmal sehr klar hierarchisch.

In solchen Systemen stellt sich die Frage neu:
Wie eigenverantwortlich können Menschen überhaupt sein, wenn Machtgefälle spürbar sind?

Wenn Entscheidungen über Ebenen laufen?
Wenn Rollen unterschiedlich viel Einfluss haben?
Wenn unausgesprochene Erwartungen im Raum stehen?

Eigenverantwortung benötigt Freiheit, aber sie benötigt ebenso Sicherheit. Und in hierarchischen Kontexten hängt beides oft davon ab, wie das System gestaltet ist – und wie es gelebt wird.

Manche Strukturen laden ein, sich einzubringen. Andere erschweren es.
Manche fördern Selbstverantwortung. Andere begrenzen sie.
Manche trauen ihren Mitgliedern viel zu. Andere – bewusst oder unbewusst – eher wenig.

Räume gestalten, in denen Verantwortung entstehen kann

Wir glauben: Eigenverantwortung wächst dort, wo Menschen sich wahrgenommen und anerkannt fühlen. Wo sie nicht befürchten müssen, für Offenheit sanktioniert zu werden. Wo Transparenz möglich ist und wo Prozesse so klar strukturiert sind, dass sie Halt geben statt zu verunsichern.

Unsere Aufgabe ist es, Räume zu schaffen, in denen diese Form der Verantwortung überhaupt entstehen kann:

  • klar – weil Orientierung Sicherheit schafft
  • transparent – weil Beteiligung nur möglich ist, wenn der Rahmen verständlich ist
  • auf Augenhöhe – weil Verantwortung geteilt und nicht delegiert werden kann
  • sicher – weil Offenheit Schutz und Verlässlichkeit braucht

Eigenverantwortung ist daher kein einseitiger Auftrag an die Beteiligten.
Sie ist ein Zusammenspiel.
Ein Prozess, der gelingt, wenn Menschen merken: Hier darf ich Verantwortung übernehmen – und ich werde darin unterstützt.

Ein gemeinsamer Weg

Vielleicht liegt genau hier der Kern: Eigenverantwortung entsteht nicht durch Erwartung, sondern durch Ermöglichung. Sie wächst in Begegnungen, in strukturierten Räumen, in einem Miteinander, das Vertrauen spürbar macht.

Und sie ist ein gemeinsamer Weg – von Moderator*innen und Mediator*innen, von Teams und Organisationen, von Menschen, die miteinander in Kontakt gehen und bereit sind, Veränderung zu gestalten.